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QUER DURCH EUROPA
Wir sind dann mal unterwegs.....
Update 16 vom 25.01.

                                   

Marokko    Teil 1

 

Dicke Wolken hingen am Anfang unserer Reise über dem Riffgebirge, Flüsse waren über die Ufer getreten und für die Einheimischen wurde es immer ungemütlicher in ihren zwischenzeitlich feuchten Räumen. Niemand wollte bei dem Regen so recht auf die Strasse. Die Gassen von Meknes waren auf unserer ersten Besichtgungstour ungewöhnlich leer, bis mittags die Sonne durchbrach und  sich das Bild schlagartig änderte. Zuvor unscheinbar wirkende Türen öffneten sich und gaben die zahlreichen Läden des Marktviertels, die sogenannten Souks, preis. Jede Dienstleistung hatte seine eigene Gasse. Von den Tischlern ging es zur Strasse der Eisenverarbeitung, vorbei an riesigen Töpfen zum Baumaterial mit ihren Eseltransportern. Nach Obst und Gemüse hingen ganze Rind- und Hamelfleischstücke über schmalen Verkaufstheken am Haken. Direkt beim Kauf geschlachtete und maschinell gerupfte Hühner waren für unsere Augen ziemlich gewöhnungsbedürftig und hinter einem Fischstand wurde ein kleiner Hai auseinander genommen. Regenschirme wurden repariert, Schneider sassen in ihren kleinen Kämmerchen hinter antiken Nähmaschinen, Kinder spannten und sortierten im richtigen Moment das Garn, damit ihr Chef die typischen Kordeln an den traditionellen Umhang, den „Djschelaba“, nähen konnte. Kleidung, Stoffe und Waren aller Art versperrten die Gassen und machten ein Durchkommen zwischen den vielen Menschen immer beschwerlicher. Nur anhand des am Vormittag mit einem einheimischen Stadtführer gegangenen Weges, den wir in umgekehrter Richtung zurück gingen, fanden wir wieder aus dem Labyrinth der Gassen hinaus. 

 

Danach wollten wir ursprünglich durch die Berge Richtung Süden fahren, doch der Blick auf die graue Wolkenwand liess in dieser Richtung weggespülte Strassen und Schneeregen vermuten. So versuchten wir es gen Westen, um bald bei anhaltendem Regen und einer Radkastenhohen Überschwemmung einzusehen, dass wir schnellstens die Schlechtwetterfront umfahren sollten. So besichtigten wir in Rabat nur das imposante Mausoleum König Mohammed V, um so schnell wie möglich nach Marrakech zu kommen. Und es hatte sich gelohnt! Am nächsten Morgen liess uns der Blick auf schneebedeckte Gipfel hinter dem verheissungsvollen Stadtpanorama und die blaugrün schillernden freilaufenden Pfaue des Campingplatzes das schlechte Wetter vergessen.

 

Schräg einfallendes Sonnenlicht brachte die Glaskunst der Lampen und die Farben der Stoffe in den Souks von Marrakech zum Leuchten. In den Innenhöfen früherer Karawanenhändler wurden Bilder, Holzschnitzereien und Drechslerarbeiten angeboten. Schmiedewerkstätten reihten sich in einer Gasse aneinander, in denen Eisen wie vor 100 Jahren in kleinen Öfen zum glühen gebracht wurde. Es gab Gassen mit Teppichen, Gassen mit Töpferwaren, Gassen mit Schuhen und Gassen mit Musikinstrumenten, die uns natürlich am meisten faszinierten. Nun ist unser Autohaus um eine Trommel und eine dreiseitige Ziegenfellbespannte Gitarre voller  ;o)  und wir um wertvolle Handelsstrategien reicher. Das Versprechen den kleinen Musikladen mit eigener Homepage deutschen Freunden weiter zu empfehlen (was wir hiermit, ohne Garantie des Inhaltes, gerne machen wollen: www.musouk.com), senkte den Einstiegspreis um nette 75%. Dazu gab es ein Gratiskonzert des Ladenbesitzers und Erinnerungen mit Fotos von der Zeit als er mit Led Zeppelin zusammenspielte.

 

Solche zufälligen Begegnungen mit faszinierenden Menschen, die auf den ersten Blick völlig unscheinbar wirken und dann durch ihre Kenntnisse begeistern, bereichern unsere Reise immer wieder von neuem. Dank Said aus Ouzoud wissen wir nun zum Beispiel, dass Granatapfelschalentee Wunder bei Übelkeit und Magenkrämpfen bewirkt, nachdem die mitgeführten europäischen Mittel keine Wirkung gezeigt hatten. So überstanden wir auch die unumgängliche Anpassung ans marokkanische Essen ohne bleibende Schäden und mit tiefsinnigen Gesprächen über die Seele des Menschen, während der Wasserfall von Ouzoud unaufhörlich in die Tiefe stürzte. Das durch den aufgeschwemmten Lehm braune Wasser wirbelte in einem feinen Sprühnebel nach oben und liess einen zarten Regenbogen erscheinen, während Said uns auf schmalen Wegen die Umgebung zeigte.

Es war gerade die Zeit der Olivenernte. In den zahlreichen alten knochigen Bäumen kletterten Männern mit langen Stöcken herum und schlugen die Oliven mit kräftigen Hieben ab, die dann von den Frauen am Boden aufgesammelt wurden. Die Ernte war gut organisiert: die Frauen kamen morgens von den umliegenden Dörfern herbeigelaufen und die Parzellen waren genau eingeteilt, wann wer wo erntet. Die Kinder hatten schulfrei und halfen mit oder spielten unter den Bäumen. Abgeschlagene Zweige wurden gebündelt und mit Eseln abtransportiert. Tausende von schwarzen Oliven lagen aufgeschüttet am Strassenrand, um dann weiter zu den Ölmühlen transportiert zu werden, z.B. nach TenareMelt.  

Als wir abends nach einer Wanderung in dem Bergdorf ankamen, lag der Ort mit seinen Steinhäusern dunkel vor uns. Licht fiel nur aus wenigen Eingangstüren, die den Blick freigaben auf ein im Kreis laufendes Pferd. Geschäftig wurden die Säcke voller Oliven in den Trog gefüllt, die durch die Kreisbewegung von einem schweren sich drehenden Stein ausgepresst wurden. Der trübe Saft wurde zwischen Bastmatten in hölzernen Pressen und durch Ablagerungsprozesse gefiltert. Das so gewonnene Olivenöl wurde uns mit Fladenbrot zum testen gereicht. Ansonsten wirkte der Ort wie ausgestorben. Die abweisend wirkenden Steinhäuser waren direkt auf den groben Fels gebaut, so dass nur kleine Wege durch den Ort führten. Doch hinter den Steinfassaden erwartete uns herzliche Gastfreundschaft  auf bunten Teppichen und Kissen in verschachtelten schmucklosen Räumen mit weissen und türkisfarbenen Lehmwänden. Danach ging es  vorbei am Hamam, das wie der einzige Treffpunkt in der Dunkelheit wirkte. In einem kleinen Raum unterhalb des Hauses brannte das Feuer für die öffentlichen Baderäume, das im Wechsel von den Einwohnern selber geschürt wird, damit immer warmes Wasser für die nach Geschlechtern getrennten Badezeiten zur Verfügung steht.

 

Nach diesem Ausflug in das einfache, aber gut strukturierte Leben der Landbevölkerung ging es wieder Richtung Westen. Unterwegs strömten die Leute von weit her zu einem Bauernmarkt. Zahlreiche Esel „parkten“ vor den Toren zum Marktplatz, der ummauert weitaus mehr Fläche in Anspruch nahm, als das Dorf selber. Unter Zeltplanen wurde alles angeboten was man zum alltäglichen Leben braucht. Von Seife über Wolle bis hin zu reparierten Teekesseln. Und farbiges Popcorn als Besonderheit.

 

Nach Marrakech veränderte sich die Landschaft in weite steinige Ebenen, die mühsam mit Eseln bestellt wurden. Arganbäume säumten die Strassen, indenen manchmal Ziegen ihre Kletterkünste zeigten, um an die saftigsten Blätter ranzukommen. Arganfrüchte werden aufgeklopft, leicht geröstet und gemahlen, um dann daraus das nussig schmeckende Arganöl zu gewinnen, das besonders in der Kosmetik Anwendung findet.


Am Ende das Tages dann ein völlig anderes Bild: Essaouira, die weisse Stadt mit blauen Türen direkt am Meer. Hier wurde früher aus der Drüse einer auf den vorgelagerten Inseln vorkommenden Schnecke der wertvolle rote Farbstoff Purpur gewonnen. Wir waren völlig fasziniert, als uns am nächsten Tag ein übereifriger Händler die Leuchtkraft mit nur wenigen Körnchen und Spucke vorführte. Dazu kamen noch andere Pigmente, bis rote, blaue, grüne Farbkleckse auf der alten Zeitungsseite nur so leuchteten.  Und endlich sahen wir dann auch mal eine Purpurschnecke: auf dem 200 Dirham-Schein. Eine schöne in sich gedrehte längliche Schnecke. So erfuhren wir in kurzer Zeit wieder einmal mehr, als in unserem Reiseführer steht oder wir von unserem „Reiseleiter“ erwarten konnten.


Die Entscheidung, sich einer geführten Tour anzuschliessen, war richtig gewesen, weil wir uns in Ruhe an das neue Land gewöhnen konnten und uns nicht selber um alles kümmern müssen. Es ist ziemlich genial, z.B. in einer Grossstadt einfach hinter einem Auto herzufahren ohne auf die Schilder achten zu müssen, oder zu wissen wo der Campingplatz ist, oder in einer Stadt anzukommen und gleich eine Stadtführung zu bekommen. Das erspart einem ziemlich viel Nerven und Diskussionen. Mit nur 3 teilnehmenden Autos ist es ein entspanntes Fahren und wir haben als letztes Fahrzeug immer genug Zeit für Fotostops ohne den Anschluss an die anderen zu verlieren. Wir werden in den 39 Tagen in Marokko mehr Kilometer fahren als in ganz Spanien in der doppelten Zeit. Doch die Erwartungen an jemand der solche Touren angeblich seit 15 Jahren macht, wurden leider nicht erfüllt. Die offensichtliche positive Entwicklung dieses Landes in den letzten 6 Jahren (seit Mohammad VI regiert) scheint unser „Reiseleiter“ zu ignorieren. Das Festhalten an längstüberholte Begebenheiten, veraltete Informationen und ein intolerantes Beharren auf deutscher Pünktlichkeit und Gründlichkeit (tägliches Autoputzen!) stossen nicht nur bei uns auf Ablehnung. Da hilft nur eins: Diesen Menschen, der unter Geltungszwang zu leiden scheint, zu ignorieren und sich mit Jürgen und Elke (aus Deutschland), sowie Herta und Franz (aus Österreich) eine schöne Zeit in einem tollen Land voller freundlicher Menschen zu machen und selber die Nase in den Reiseführer zu stecken, um dieses faszinierende Land kennen zu lernen und zu verstehen.

Es lohnt sich!

 

 

 

 

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